Start frei!
Die konzernunabhängige, inhaber*innengeführte Verlagsszene der BRD ist so vielfältig wie keine andere – und sie ist nicht nur gewerblich engagiert, sondern leistet auf kreativste Weise kulturelle und politische Arbeit. Über das, was bei Unabhängigen erscheint, entscheidet nicht allein der Flirt mit der Gewinnmaximierung, sondern das persönliche Anliegen der Verlegerinnen und Verleger, sich für Aufklärung, Demokratie, Toleranz, Geschlechtergerechtigkeit, literarische Vielstimmigkeit einzusetzen – und gegen Rassismus, Antifeminismus und neue rechte Engführungen.
Natürlich wollen und müssen auch wir Unabhängigen mit unseren Büchern Geld verdienen. Wenn aber mehr zählt als die reine Verkaufserwartung, dann steigen Risiko und Einsatz. Daher können kleine und mittlere Verlagshäuser von ihrer Arbeit oft kaum leben, geschweige denn, künftige Projekte belastbar vorausplanen. Die Insolvenz des Buchgroßhändlers KNV hat – an Valentinstag 2019 – viele von uns um das Weihnachtsgeschäft gebracht. Der Onlinebuchhändler Amazon ist ein starker Konkurrent für die klassischen Sortimente, und in vielen Buchhandlungen liegt oft keines der Bücher Unabhängiger Verlage mehr aus, weil etliche Läden über eine Einkaufsgenossenschaft bestellen, die wiederum über den Großhändler Libri ordert. Der aber hat gerade 25% seiner Bestände ausgelistet und konzentriert sich auf Mainstream. Damit sind viele lieferbare Titel aus dem Computer-Sichtfeld des Buchhandels verschwunden – selbst wenn er sie denn noch bestellen wollte.
Preisgelder oder Subventionen?
Die Politik hat inzwischen verstanden, dass hier nicht unbeträchtliche Teile einer wichtigen Kulturbranche gefährdet sind. Und sie hat Reaktion gezeigt: 2019 wurde erstmals der Deutsche Verlagspreis verliehen, nach dem Vorbild des Deutschen Buchhandlungspreises. Die Existenz dieses Preises ermöglicht es, mehr Licht auf die wichtige gesellschaftliche Arbeit von Verlagen wie uns zu werfen. Das Preisgeld ist eine willkommene Finanzspritze. Wer angesichts von 20.000,- oder auch 60.000,- EUR allerdings vor "Staatsknete" warnt, hat kein Bild von den Dimensionen der finanziellen Notwendigkeiten für professionelle Verlagsarbeit, und wer "Gemauschel" befürchtet, greift ebenfalls zu kurz. Klar ist aber: Wir brauchen Ihre Aufmerksamkeit: die des Buchhandels, die der Medien, die der Leser*innen ... eben aller Menschen, die Bücher lieben.
Der Ulrike Helmer Verlag – auch nach über 30 Jahren und über 600 verlegten Buchtiteln für Geschlechterdemokratie und Vielfalt engagiert –, hat seine Bewerbung für den Deutschen Verlagspreis 2020 eingereicht.